Das moderne Kompetenzmanagement als Steuerungsinstrument

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Editorial: „Ein Kompetenzmanagementsystem ist ein wichtiges Instrument zur effektiven Steuerung von Kompetenzen in einem Unternehmen. Wie ein modernes Kompetenzmanagement aussieht, lesen Sie im ersten Beitrag“. Mit diesen treffenden Worten wurde der folgende Artikel im Lohn & Sozialversicherung im April 2023 vorgestellt.

Spannend fand ich die Anfrage für diese Zielgruppe vor allem deshalb, weil ich grundsätzlich mit der Personalentwicklung – und weniger mit Lohn und Sozialversicherungen – in Kontakt bin.  Umso eindrücklicher zeigt es auf, wie vernetzt die Tätigkeiten im HR doch sind, Interdisziplinarität alle Bereiche im HR erreicht und warum das Kompetenzmanagement gerade als Steuerungsinstrument seine Berechtigung hat.


Der folgende Artikel ist im LOHN & SOZIALVERSICHERUNGEN Newsletter 04 / April 2023 der WEKA BUSINESS MEDIA AG erschienen

Kompetenzmanagement 4.0

Der Druck auf Prozesse und die Organisationen steigt stetig. Digitalisierung, Kundenzentriertheit und marktverändernde Disruptoren sind nur einige Gründe, weshalb das klassische Kompetenzmanagement den Herausforderungen kaum mehr genügt. Doch es geht auch anders.

Aktiv gestalten statt passiv verwalten

Digitalisierung, Kundenzentriertheit und marktverändernde Disruptoren stellen jeden Status quo infrage und machen so Veränderungen zur Normalität. Dass dies auch Auswirkungen auf Methoden, Instrumente und Tools hat, liegt auf der Hand. Doch anstatt zu versuchen, diese ständig an die wechselnden Anforderungen anzugleichen, braucht es neue Wege und Ansätze, vor allem im Kompetenzmanagement. Noch immer liegt der Fokus in vielen Kompetenzmanagementprozessen in der Verwaltung und Evaluation von in der Vergangenheit relevanten oder heute notwendigen Kompetenzen. Doch diese Prozesse bilden die tatsächliche Kernfunktion des Kompetenzmanagements nicht ab. Die passenden Mitarbeitenden zum jetzigen oder zukünftigen Zeitpunkt der Organisation zur Verfügung zu stellen, braucht mehr als nur eine Skill-Bibliothek. Es benötigt ein Kompetenzmanagement, welches einen aktiven, gestaltenden Beitrag zur  Unternehmenssteuerung und -entwicklung leistet. Die gleichzeitige Unterstützung des operativen Alltags und der Berücksichtigung von Veränderungen und Innovationen ist der Kernpunkt
eines modernen und zeitgemässen Kompetenzmanagements. Es reicht nicht mehr, aktuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten zu kennen, zu beurteilen und zu entwickeln. Vielmehr geht es darum, zukünftige Anforderungen bereits im Vorfeld zu berücksichtigen, Veränderungen vorwegzunehmen und so die richtigen Kompetenzen jederzeit zur Verfügung zu haben. So wird aus der Personalentwicklung Unternehmensentwicklung.

Werte und Metakompetenzen

Es gilt aber auch, den Fokus neu zu setzen. Während früher das Kompetenzmangement doch eher fachlich-methodisch geprägt war, wird durch die steigende Veränderungsgeschwindigkeit die Wissensverwaltung nicht mehr erfolgsentscheidend sein. In Zukunft sind wohl nicht einmal mehr klassische Sozial- und Selbstkompetenzen entscheidend. Vielmehr werden Werte und  Metakompetenzen diesen Platz einnehmen. Das Kompetenzmanagement wird vom verwaltenden Ordnungsrahmen zum gestaltenden Orientierungsrahmen. Dementsprechend werden auch nicht mehr Anforderungsprofile für jede Funktion abgebildet. Dies ist in Anbetracht der unsicheren zukünftigen Ausgestaltung und generell der Unbekanntheit der zukünftigen Anforderungen bei  vielen Funktionen nicht mehr zeitgemäss. Die Lösung liegt in der Abbildung von Rollen, bei denen weniger explizite Anforderungen definiert werden, sondern vor allem Stärken, Potenziale und notwendige Metakompetenzen die Grundlage sind.

Schwerpunkte und Modularität

Die Konzentration auf das Wesentliche bzw. die Reduktion auf Schwerpunkte ist dann auch eines der entscheidenden Elemente des Kompetenzmanagements. Waren und sind heute  Kompetenzmodelle oft noch sehr umfangreich und darauf angelegt, möglichst alle unternehmerischen Aspekte und Funktionen zu berücksichtigen, wird es in Zukunft sinnvoll sein, sich zu  fokussieren. Einerseits ist dies notwendig, um die VUKA-Welt überhaupt abzubilden, andererseits wird dadurch aber vor allem die Zeitdauer zur Modifikation von Kompetenzmodellen entscheidend verkürzt. Waren früher Kompetenzmodelle auf eine Dauer von fünf bis acht Jahren ausgelegt, so ist dies in der Zukunft nicht mehr zielführend. Eine dynamische Anpassung der  Kompetenzen ist gerade in Bezug auf die sich rasch ändernden Digitalkompetenzen für viele Unternehmen überlebensentscheidend. Werden die Kompetenzen zudem mit stabilen Wertvorstellungen kombiniert, entsteht ein Modell, das operatives Verhalten mit der strategischen Wirkung vereint. Durch die jährliche Überprüfung und Modifikation der Schwerpunkte durch  geeignete Methoden wie Businesstreiber entsteht zudem automatisch ein direkter Bezug zur Strategie.

Individualität vor Benchmark

Nur wer entwicklungsorientiert und zukunftsorientiert agiert, wird das Unternehmen und den Markt aktiv gestalten. Der rückwärtsgerichtete Vergleich oder die Abbildung von allgemeingültigen  Kompetenzen und Skills entspricht nicht der modernen Sicht einer stärkenorientierten Unternehmensund Mitarbeiterführung. Auch die klassische Trennung in Mitarbeitenden- und  Führungskompetenzen ist nicht mehr zeitgemäss. Neue Organisationsformen müssen nicht nur berücksichtigt, sondern aktiv unterstützt werden. Führung ist nicht mehr klassisches Management, sondern wird als Leadership neu definiert. Verantwortung und Entscheidungen sind nicht mehr hierarchisch begründet, sondern werden flexibel und situativ wahrgenommen. Dadurch erhöht  sich die individuelle Identität eines jeden Unternehmens. Bei Kompetenzmanagement 4.0 sind Unternehmenskultur, Unternehmens-DNA und Purpose von zentraler Bedeutung (siehe Tabelle).

Übersicht über klassische und zeitgemässe Kompetenzmodelle

Übersicht über klassische und zeitgemässe Kompetenzmodelle

Talentmanagement ist Kompetenzmanagement

Aber auch das moderne Talentmanagement orientiert sich vermehrt am Kompetenzmanagement In Zeiten von Gig-Working, Freelancern und der VUKA-Welt stehen nicht Personen und  Funktionen im Zentrum, sondern vielmehr die einzelnen Kompetenzen und Fähigkeiten.

Es gilt: Kompetenzen statt Talente. Die Zeit der klaren, einfachen und stufenbasierten Laufbahn- und Nachfolgeplanungen ist vorbei. High-Potential-Zirkel und Nachwuchskräftepools sind in der  jetzigen Form kaum mehr zeitgemäss. Zu stur, zu wenig dynamisch und zu wenig zukunftsorientiert gehen diese altbewährten Programme zu wenig auf die unternehmerischen Herausforderungen der Zukunft ein.

Der entscheidende Erfolgsfaktor für Unternehmen wird vielmehr sein, die einzelnen Kompetenzen und Fähigkeiten der Mitarbeitenden zu erfassen und zielgerichtet mit den  erfolgskritischen Schlüsselanforderungen der Zukunft abzugleichen.

Diese Entwicklungspotenziale zu eruieren und konsequent zu schliessen, ist dabei die entscheidende Aufgabe der Personalentwicklung. So zeigen sich bereits heute 69% aller Unternehmensführer über die fehlende Verfügbarkeit von Kompetenzen besorgt, und mehr als jeder fünfte CEO (21%) sieht in der Verfügbarkeit der zukünftigen Kompetenzen gar die grösste Bedrohung für seine  Unternehmen.

Das Kompetenzmanagement bildet Brücken vor allem der Geschäftsleitung. Es liefert wichtige Antworten auf strategische Fragestellungen und bildet sozusagen das auf Human Resources  bezogene Gegenstück zu den Finanzsteuerungsinstrumenten. Das Kompetenzmanagement kann aber noch in anderen Bereichen eine wichtige Brückenfunktion einnehmen und so helfen, in der  Praxis kleinere oder grössere Gräben zu überwinden.

Personal-, Organisations- und Unternehmensentwicklung

Ein funktionierendes Kompetenzmanagement ist das Bindeglied zwischen Personal-, Organisations- und Unternehmensentwicklung, indem aktuelle und zukünftig vorhandene und benötigte  Ressourcen berücksichtigt werden. Zu erwartende Kompetenzlücken können proaktiv angegangen und müssen nicht reaktiv durch teure Rekrutierungen geschlossen werden. Potenziale werden  langfristig durch die Personalentwicklung aktiviert. Vorhandene Stärken fliessen als bekannte und genutzte Wettbewerbsvorteile in die Unternehmensentwicklung ein.

Operatives und strategisches HR

Das Kompetenzmanagement schliesst aber auch die in der Praxis oft vorhandene Lücke zwischen operativem und strategischem HR. Als Führungsinstrument unterstützt das Kompetenzmanagement die Linienverantwortlichen sowohl direkt im operativen Geschäft als auch in der Umsetzung von Projekten oder Zielen. Das Wissen über vorhandene und abrufbare  Kompetenzen sichert die Business Excellence, während Potenzial und Talente die Zukunft sichern.

Talent- und Performance-Management

Der Verbindung von Talent- (welche Leistung wäre möglich?) und Performance-Management (was wird geleistet?) kommt eine weitere entscheidende Bedeutung im Kompetenzmanagement zu.  Die langfristige Balance im Human Capital Portfolio (HCP) ist ein entscheidender Faktor sowohl im Umgang mit Veränderungen als auch in der Steigerung der Produktivität.

Explizite und implizite Werte

Und schliesslich ist das Kompetenzmanagement auch ein Instrument, um die Individualität des Unternehmens als Arbeitgeber und Marke nicht nur gegen aussen zu transportieren, sondern auch  als Massstab im operativen Tagesgeschäft, aber auch in der langfristigen Entwicklung im Unternehmen zu verankern – und das dabei auch eine Basis setzt, um vermeintliche Schwächen als  Stärken zu nutzen.

Gegenwart und Zukunft

Und zu guter Letzt ist das Kompetenzmanagement vor allem das Bindeglied zwischen den heutigen Anforderungen und den Herausforderungen und Chancen der Zukunft. Mit einem proaktiven  und dynamischen Kompetenzmanagement kann nicht nur die Gegenwart erfolgreich gemeistert werden, sondern können vor allem auch die notwendigen Kompetenzen in der Zukunft früh- und  rechtzeitig dem Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.


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WEKA Future Skills Lab


Bildquellen: WEKA BUSINESS MEDIA AG

Als Geschäftsleiter der INOLUTION unterstütze ich Unternehmen darin, die zukünftigen tragfähigen Werte und notwendigen Kompetenzen zu erkennen, zu definieren und sie auf den Weg dorthin zu befähigen. Als Brückenbauer zwischen Theorie und Praxis, Wissenschaft und Praktikabilität und mit der Erfahrung aus weit über 100 erfolgreichen Projekten unterstütze ich von ganzheitlichen Konzepten über praxisorientierte Lösungsimplementierung bis zu situativen Sparrings.

Denn ich bin der Überzeugung, dass das Kompetenz-und Performance-Management sowohl im operativen, als auch im strategischen Bereich das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft hat. Ich nenne das Kompetenz-Management 4.0 - kompetente Mitarbeitende heute, morgen und übermorgen.

Alle Beiträge von Andreas Mollet

 

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